500.000 Euro Schadenersatz für Geburtsschaden – verwechselter Herzschlag
OLG Oldenburg, Urteil vom 13.11.2019, Az.: 5 U 108/18
Das
Mädchen hat als Folge einer Sauerstoffunterversorgung vor der Geburt einen
schweren Hirnschaden erlitten; sie ist schwerstbehindert und wird Zeit ihres
Lebens immer auf fremde Hilfe angewiesen sein. Zu der Schädigung war es
gekommen, weil ca. 45 Minuten vor der Entbindung die Herzfrequenz des Kindes
sehr stark abgefallen war (sog. Bradykardie); in diesem Zeitraum zeichnete
indessen das CTG (sog. Wehenschreiber) für ca. 10 Minuten keinen Herzschlag
auf, weder den des Kindes noch den der Mutter; als nach 10 Minuten im CTG ein
Herzschlag mit normgerechter Frequenz wieder erfasst werden konnte, hielten die
Ärzte dies für den Herzschlag des Kindes in der Annahme, es habe sich wieder
erholt. Tatsächlich handelte es sich allerdings um den Herzschlag der Mutter.
Als man den Irrtum später bemerkte, war die Klägerin durch die
Sauerstoffunterversorgung bereits erheblich geschädigt.
Dieses
Vorgehen stellt einen groben Behandlungsfehler da, so der Senat unter
Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des gerichtlichen
Sachverständigen. Die behandelnden Ärzte hätten sich angesichts des Verdachts
auf einen kindlichen Herzfrequenzabfall auf andere Weise davon überzeugen
müssen, dass es dem Kind gut geht, z.B. durch eine sog. Kopfschwartenelektrode;
keinesfalls hätte man sich angesichts der bedrohlichen Situation über einen
Zeitraum von 10 Minuten mit einem nicht aussagekräftigen CTG zufrieden geben
dürfen.
Weil
die Beklagten bereits aus diesem Grund der Klägerin hafteten, musste sich der
Senat mit den weiteren Vorwürfen gegen die Klinik, dass nämlich die Reanimation
nach der Geburt nicht sofort begonnen wurde, dass kein Beatmungsbeutel nach der
Geburt zur Verfügung gestanden hatte, dass die Maskenbeatmung nach der Geburt
versehentlich ohne Druck erfolgte und dass der verständigte Notarzt 10 Minuten
zu spät erschienen war, nicht weiter auseinandersetzen.
Der
Senat hat mit seinem Urteil ein im Wesentlichen gleichlautendes Urteil des
Landgerichts Osnabrück bestätigt; das zuerkannte Schmerzensgeld sei in jedem
Fall angemessen; weil nur die Beklagten Berufung eingelegt hatten, musste sich
der Senat mit der Frage eines höheren Schmerzensgeldes nicht befassen.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 15.11.2019