Arzthaftung bei verspäteter Behandlung von Durchblutungsstörungen
OLG Hamm, Urteil vom 19.11.2019, Az.: 26 U 30/19
In der Gefäßchirurgie gilt der Grundsatz: Eine akute Ischämie (Gefäßverschluss) ist akut zu behandeln. Wird der Versuch einer Rekanalisierung der Arterie nicht rechtzeitig unternommen, kann das als grober Behandlungsfehler zu werten sein. Das ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn mit dem zögerlichem Verhalten dem Patienten die einzige Chance zum Erhalt einer Hand genommen wird. Die verspätete Behandlung der Durchblutungsstörungen kann sich daher als gravierender Fehler darstellen, bei dem eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln und gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen worden ist, und der aus objektiver ärztlicher Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf. Für den Teilverlust der rechten Hand bei Entfernung des Daumens, des Zeigefingers und Teile des Mittelfingers kann ein Schmerzensgeld von 50.000,- Euro angemessen sein.