OLG Dresden, Beschluss vom 16.03.2020, Az.: 4 U 2626/19

Bei ambulanten Eingriffen kann eine Aufklärung des Patienten noch am Operationstag ge­nügen, sofern ihm die eigenständige Entscheidung überlassen bleibt, ob er den Eingriff durchführen lassen will. Bei einer ambulant durchgeführten Koloskopie ist die Aufklärung auch dann noch als rechtzeitig anzusehen, wenn sie erst erfolgt, nachdem der Patient die zur Vorbereitung erforderliche medikamentöse Darmreinigung bereits abgeschlossen hat. Für konkrete Anhaltspunkte, die in einem Arzthaftungsverfahren Zweifel an der erstinstanz­lichen Beweiswürdigung wecken sollen, ist es erforderlich, dass der Patient entweder ein Privatgutachten vorlegt, zumindest aber selbst medizinische Fundstellen oder Leitlinien be­nennt, die für seine Behauptung streiten.

BGH, Beschluss vom 26.02.2020, Az.: IV ZR 220/19

Einwände, die sich aus einem Privatgutachten gegen das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen ergeben, muss das Gericht ernst nehmen, ihnen nachgehen und den Sachverhalt weiter aufklären. Dazu kann es den Sachverständigen zu einer schriftlichen Ergänzung seines Gutachtens veranlassen. Wenn der gerichtlich bestellte Sachverständige weder durch schriftliche Ergänzung seines Gutachtens noch im Rahmen seiner Anhörung die sich aus dem Privatgutachten ergebenden Einwendungen auszuräumen vermag, muss der Tatrichter im Rahmen seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung gemäß § 412 ZPO ein weiteres Gutachten einholen. 

OLG Dresden, Beschluss vom 21.04.2020, Az.: 4 U 1346/19

Der Vorwurf, der Arzt habe eine von einer Patientin in ihrer Brust angegebene Verdickung bei der Untersuchung übersehen und keine weitergehende Diagnostik angeordnet, betrifft nicht die Befunderhebung, sondern ist als Diagnoseirrtum zu beurteilen. Ein Diagnoseirrtum, der objektiv auf eine Fehlinterpretation der Befunde zurückzuführen ist, kann nur mit Zurück­haltung als Behandlungsfehler gewertet werden. Die Wertung einer objektiv unrichtigen Di­ag­­nose als Behandlungsfehler setzt eine vorwerfbare Fehlinterpretation erhobener Befun­de oder die Unterlassung für die Diagnosestellung oder ihre Überprüfung notwendiger Befund­erhebung voraus.

BGH, Beschluss vom 18.02.2020, Az.: VI ZR 280/19

Im Arzthaftungsprozess wird die sekundäre Darlegungslast der Behandlungsseite ausgelöst, wenn die primäre Darlegung des Konfliktstoffs durch den Patienten den insoweit geltenden maßvollen Anforderungen genügt. Die Vermutung eines fehlerhaften Verhaltens der Behand­lungsseite muss aufgrund der Folgen für ihn gestattet sein, und es muss der Behandlungs­sei­te möglich und zumutbar sein, den Sachverhalt näher aufzuklären. Letzteres wird bei der Behauptung eines Hygieneverstoßes regelmäßig der Fall sein. Für das Auslösen der sekun­dären Darlegungslast ist nicht Voraussetzung, dass der Patient konkrete Anhaltspunkte für einen Hygieneverstoß vorträgt.