OLG Hamm, Urteil vom 02.02.2018, Az.: 26 U 72/17
Die Klägerin verlangt als Alleinerbin ihres im März 2015 im Alter von 45 Jahren verstorbenen Ehemanns vom beklagten Krankenhausträger Schadensersatz wegen einer behaupteten fehlerhaften Behandlung ihres Ehemanns vor seinem Tode. Der Hausarzt des Ehemanns wies diesen aufgrund des Verdachts auf eine „instabile Angina pectoris“ im Februar 2015 in das Krankenhaus der Beklagten ein. Nach ersten Untersuchungen, es bestand auch in der Klinik der Verdacht einer koronaren Herzerkrankung (Erkrankung der Herzkranzgefäße), verließ der Ehemann wenige Tage später gegen den ärztlichen Rat das Krankenhaus. Er äußerte seine Unzufriedenheit, dass am Wochenende keine weiteren ärztlichen Untersuchungen durchgeführt worden waren. Ca. zehn Tage später riet ihm der Hausarzt erneut zu einer dringenden Krankenhausbehandlung und wies ihn acht Tage später mit der Diagnose „Angina pectoris“ in ein anderes Krankenhaus ein, in dem sich der Ehemann vorstellte und in vier Tagen einen Termin zur kardiologischen Abklärung vereinbarte. Eine unmittelbare stationärer Aufnahme lehnte er ab. Noch vor dem vereinbarten Termin verstarb der Ehemann. Der Notarzt stellte als Todesursache „Herzversagen“ fest. Eine Obduktion erfolgte nicht. Mit der Begründung, dass ihr Ehemann im Krankenhaus der Beklagten fehlerhaft behandelt worden sei, hat die Klägerin 2.000 Euro Schmerzensgeld, ca. 4.550 Euro Beerdigungskosten sowie Unterhalt für sich und die 1997 und 2002 geborenen Kinder der Eheleute in Höhe von monatlich mindestens 5.000 Euro verlangt.
Das Klagebegehren ist erfolglos geblieben. Nach Anhörung eines medizinischen Sachverständigen hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm die Klage abgewiesen. Der Klägerin komme, so der Senat, aufgrund des ganz erheblichen Mitverschuldens ihres verstorbenen Ehemanns keine Beweislastumkehr zugute. Deswegen könne sie nicht nachweisen, dass ihr Ehemann infolge festzustellender Behandlungsfehler im Krankenhaus der Beklagten an einer Herzerkrankung verstorben sei.
Grundsätzlich habe die Anhörung des medizinischen Sachverständigen mehrere, jedenfalls in ihrer Gesamtheit auch als grob zu bewertende Behandlungsfehler bei der Aufnahme und weiteren Behandlung des Verstorbenen in dem Krankenhaus ergeben. Nach der zugrunde zu legenden Dokumentation des Krankenhauses sei es im Rahmen der Anamnese versäumt worden, bei dem Ehemann, der einen erhöhten Cholesterinwert gehabt habe, das Rauchverhalten und den genauen Zeitpunkt, zu dem der Patient zum zweiten Mal Thorax-Schmerzen verspürt habe, zu erfragen. Dabei sei der Patient fälschlicherweise nicht als Risikopatient eingestuft und die Behandlung nicht darauf ausgerichtet worden. Deswegen sei es neben einer Reihe durchgeführter, gebotener Untersuchungen versäumt worden, einen zusätzlichen Blutwert (Troponinwert) zu bestimmen und ein weiteres EKG zu machen. Hinzu komme die versäumte Gabe eines blutverdünnenden, schmerzlindernden Arzneistoffes (ASS). Dessen Gabe entspreche bei bestehendem Verdacht auf eine akute koronare Herzerkrankung dem medizinischen Standard.
Im Rahmen der Beweisaufnahme habe allerdings nicht geklärt werden können, ob der Patient überhaupt an einem Herzinfarkt verstorben sei und ob die festgestellten Behandlungsfehler hierfür mitursächlich gewesen seien. Der fehlende Nachweis gehe zulasten der Klägerin, der trotz der groben Behandlungsfehler keine Beweislastumkehr zugutekomme. Eine solche scheide nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 16.11.2004, Az.: VI ZR 328/03) aus, wenn ein Patient in vorwerfbarer Weise ärztliche Anordnungen oder Empfehlungen missachte, hierdurch eine mögliche Mitursache für seinen Gesundheitsschaden setze und dazu beitrage, dass der Verlauf des Behandlungsgeschehens nicht mehr aufgeklärt werden könne.
Hiervon sei im vorliegenden Fall auszugehen: Der Ehemann der Klägerin habe sich nach dem ersten Krankenhausaufenthalt – entgegen dem Rat seines Hausarztes, der ihn auf die Risiken hingewiesen habe – nicht erneut in stationäre Behandlung begeben, sondern lediglich einen Termin zur kardiologischen Abklärung in einem Krankenhaus vereinbart. Da er bis zur weiteren Untersuchung verstorben sei, habe er in erheblichem Maße durch seine stetige Weigerung, sich entsprechend dem ärztlichen Rat zu verhalten, dazu beigetragen, dass sein Herzleiden nicht weiter abgeklärt und behandelt werden konnte.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 30.04.2018
Keine Beweislastumkehr nach grobem Behandlungsfehler, wenn Patient ärztliche Empfehlungen missachtet
ArzthaftungsrechtOLG Hamm, Urteil vom 02.02.2018, Az.: 26 U 72/17
Die Klägerin verlangt als Alleinerbin ihres im März 2015 im Alter von 45 Jahren verstorbenen Ehemanns vom beklagten Krankenhausträger Schadensersatz wegen einer behaupteten fehlerhaften Behandlung ihres Ehemanns vor seinem Tode. Der Hausarzt des Ehemanns wies diesen aufgrund des Verdachts auf eine „instabile Angina pectoris“ im Februar 2015 in das Krankenhaus der Beklagten ein. Nach ersten Untersuchungen, es bestand auch in der Klinik der Verdacht einer koronaren Herzerkrankung (Erkrankung der Herzkranzgefäße), verließ der Ehemann wenige Tage später gegen den ärztlichen Rat das Krankenhaus. Er äußerte seine Unzufriedenheit, dass am Wochenende keine weiteren ärztlichen Untersuchungen durchgeführt worden waren. Ca. zehn Tage später riet ihm der Hausarzt erneut zu einer dringenden Krankenhausbehandlung und wies ihn acht Tage später mit der Diagnose „Angina pectoris“ in ein anderes Krankenhaus ein, in dem sich der Ehemann vorstellte und in vier Tagen einen Termin zur kardiologischen Abklärung vereinbarte. Eine unmittelbare stationärer Aufnahme lehnte er ab. Noch vor dem vereinbarten Termin verstarb der Ehemann. Der Notarzt stellte als Todesursache „Herzversagen“ fest. Eine Obduktion erfolgte nicht. Mit der Begründung, dass ihr Ehemann im Krankenhaus der Beklagten fehlerhaft behandelt worden sei, hat die Klägerin 2.000 Euro Schmerzensgeld, ca. 4.550 Euro Beerdigungskosten sowie Unterhalt für sich und die 1997 und 2002 geborenen Kinder der Eheleute in Höhe von monatlich mindestens 5.000 Euro verlangt.
Das Klagebegehren ist erfolglos geblieben. Nach Anhörung eines medizinischen Sachverständigen hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm die Klage abgewiesen. Der Klägerin komme, so der Senat, aufgrund des ganz erheblichen Mitverschuldens ihres verstorbenen Ehemanns keine Beweislastumkehr zugute. Deswegen könne sie nicht nachweisen, dass ihr Ehemann infolge festzustellender Behandlungsfehler im Krankenhaus der Beklagten an einer Herzerkrankung verstorben sei.
Grundsätzlich habe die Anhörung des medizinischen Sachverständigen mehrere, jedenfalls in ihrer Gesamtheit auch als grob zu bewertende Behandlungsfehler bei der Aufnahme und weiteren Behandlung des Verstorbenen in dem Krankenhaus ergeben. Nach der zugrunde zu legenden Dokumentation des Krankenhauses sei es im Rahmen der Anamnese versäumt worden, bei dem Ehemann, der einen erhöhten Cholesterinwert gehabt habe, das Rauchverhalten und den genauen Zeitpunkt, zu dem der Patient zum zweiten Mal Thorax-Schmerzen verspürt habe, zu erfragen. Dabei sei der Patient fälschlicherweise nicht als Risikopatient eingestuft und die Behandlung nicht darauf ausgerichtet worden. Deswegen sei es neben einer Reihe durchgeführter, gebotener Untersuchungen versäumt worden, einen zusätzlichen Blutwert (Troponinwert) zu bestimmen und ein weiteres EKG zu machen. Hinzu komme die versäumte Gabe eines blutverdünnenden, schmerzlindernden Arzneistoffes (ASS). Dessen Gabe entspreche bei bestehendem Verdacht auf eine akute koronare Herzerkrankung dem medizinischen Standard.
Im Rahmen der Beweisaufnahme habe allerdings nicht geklärt werden können, ob der Patient überhaupt an einem Herzinfarkt verstorben sei und ob die festgestellten Behandlungsfehler hierfür mitursächlich gewesen seien. Der fehlende Nachweis gehe zulasten der Klägerin, der trotz der groben Behandlungsfehler keine Beweislastumkehr zugutekomme. Eine solche scheide nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 16.11.2004, Az.: VI ZR 328/03) aus, wenn ein Patient in vorwerfbarer Weise ärztliche Anordnungen oder Empfehlungen missachte, hierdurch eine mögliche Mitursache für seinen Gesundheitsschaden setze und dazu beitrage, dass der Verlauf des Behandlungsgeschehens nicht mehr aufgeklärt werden könne.
Hiervon sei im vorliegenden Fall auszugehen: Der Ehemann der Klägerin habe sich nach dem ersten Krankenhausaufenthalt – entgegen dem Rat seines Hausarztes, der ihn auf die Risiken hingewiesen habe – nicht erneut in stationäre Behandlung begeben, sondern lediglich einen Termin zur kardiologischen Abklärung in einem Krankenhaus vereinbart. Da er bis zur weiteren Untersuchung verstorben sei, habe er in erheblichem Maße durch seine stetige Weigerung, sich entsprechend dem ärztlichen Rat zu verhalten, dazu beigetragen, dass sein Herzleiden nicht weiter abgeklärt und behandelt werden konnte.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 30.04.2018
Ärztliche Informationspflichten bei Demenz
AllgemeinDas OLG München hat mit einem Urteil vom 21.12.2017 (Az. 1 U 454/17) ausgeurteilt, dass ein behandelnder Arzt eines im Endstadium einer schweren Demenz liegenden Patienten verpflichtet ist, eine umfassende Erörterung mit dem Betreuer über die Sinnhaftigkeit der Fortführung einer künstlichen Sondenernährung zu führen hat. Das OLG hatte festgestellt, dass es für lebenserhaltende Maßnahmen ebenfalls dann ein Behandlungsfehler darstellen kann, wenn nicht mit dem Betreuer zur Gewinnung einer Entscheidungsgrundlage die Sinnhaftigkeit der Sondenernährung und die Umstellung der Behandlung auf eine rein palliative Versorgung zumindest in Erwägung gezogen worden ist. Der Patient litt offenbar vor dem Hintergrund von Wundgeschwüren und weiterer schwerer Erkankungen unter erheblichen Schmerzen. Das OLG hatte ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000,00 € ausgeurteilt, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Minderwertige Silikon-Brustimplantate – keine Haftung des französischen Haftpflichtversicherers gegenüber in Deutschland geschädigten Patientinnen
Arzneimittel- und MedizinprodukterechtOLG Hamm, Beschluss vom 19.06.2017, Az.: 3 U 30/17
Die Klägerin ließ sich im April 2007 in einer Klinik minderwertige Brustimplantate eines französischen Herstellers einsetzen. Im März 2013 ließ die Klägerin ihre Implantate austauschen. Vom beklagten Haftpflichtversicherer des zwischenzeitlich in Insolvenz gefallenen französischen Herstellers hat die Klägerin Schadensersatz verlangt, u.a. 45.000 Euro Schmerzensgeld. Der beklagte Haftpflichtversicherer verweigerte eine Zahlung u.a. unter Hinweis darauf, dass er mit dem französischen Hersteller einen auf französisches Staatsgebiet beschränkten Versicherungsvertrag abgeschlossen habe.
Die gegen den französischen Haftpflichtversicherer gerichtete Schadensersatzklage ist erfolglos geblieben. Nach der Entscheidung des OLG Hamm kann die Klägerin von dem Versicherer keinen Schadensersatz beanspruchen. Nach dem auf den Fall anwendbaren französischen Recht könne die Klägerin zwar, so der Senat, einen Direktanspruch gegen den beklagten Versicherer geltend machen. Die Voraussetzungen eines derartigen Anspru¬ches seien aber nicht erfüllt, weil eine – unterstellte – Haftung des französischen Herstellers gegenüber der Klägerin vom Versicherungsverhältnis zwischen dem Hersteller und dem beklagten Versicherer nicht gedeckt sei. Die abgeschlossene Versicherung decke ausschlie߬-lich Schadensfälle ab, die sich im französischen Mutterland oder in den französi¬schen Überseegebieten ereignet hätten. Hierzu gehöre der Fall der Klägerin nicht, ihr seien die Implantate in Deutschland eingesetzt worden. Die Beschränkung des Versicherungs¬schut¬zes sei wirksam und diskriminiere die Klägerin nicht aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit. Wäre die Klägerin in Frankreich operiert worden, wäre sie nicht anders zu behandeln als eine ebenfalls dort operierte Französin. Umgekehrt wäre eine in Deutschland operierte Französin nicht besser gestellt als die Klägerin.
Der Beschluss ist rechtskräftig.
Widerruf einer ärztlichen Approbation wegen Tätigkeit ohne Berufshaftpflichtversicherung bei nicht nur einfacherer ärztlicher Tätigkeit
Ärztliches BerufsrechtVG München, Urteil vom 11.08.2017, Az.: M 16 K 398/16
Wird ein Arzt trotz bestehender gesetzlicher Versicherungspflicht ohne Berufshaftpflichtversicherung tätig, kann dies im Einzelfall einen Widerruf der ärztlichen Approbation rechtfertigen. Es gehört zweifelsohne zu den Berufspflichten eines Arztes in Bayern, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Dies folgt aus § 21 der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns und aus Art. 18 Abs. 1 Nr. 4 HKaG. Die gesetzliche Pflicht eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, dient zudem dem Schutz der Patienten. Wenn ein Arzt vorsätzlich und über längere Zeit ohne Haftpflichtversicherung Patienten behandelt, zeigt dies bereits eine Nachlässigkeit zum Nachteil seiner Patienten. Hat der Arzt vorsätzlich und über längere Zeit nachhaltig gegen die berufliche Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung verstoßen, ist von einer prognostischen Unzuverlässigkeit auszugehen, wenn es sich größtenteils um Operationen unter Vollnarkose handelte und nicht um einfachere ärztliche Tätigkeit.
Lückenhafte Belege zur Auslandskrankenbehandlung
KrankenversicherungsrechtAG München, Urteil vom 30.05.2017, Az.: 159 C 517/17
Der klagende 42 jährige Vater beantragte nach durchgeführter Pakistanreise für sich und seine beiden 5 jährigen Zwillinge bei seiner Reiseversicherung Erstattung von Behandlungskosten in Höhe von umgerechnet 1343,75 Euro. Am 20.01.15 hatte er für sich und seine beiden Kinder eine Auslandsreisekrankenversicherung abgeschlossen. Am 23.03.15 reichte er eine Schadensmeldung ein und verlangte von ihm in Pakistan für Behandlung und Medikamente bezahlte 150.060,00 pakistanische Rupien zu erstatten. Aus den eingereichten Unterlagen ging nicht hervor, an welchen Erkrankungen der Kläger und seine Kinder litten und inwieweit diese Erkrankungen behandelt wurden. Die Beklagte beauftragte einen Ermittlungsdienst mit Nachforschungen über die Korrektheit der eingereichten Rechnungen, wodurch ihr Kosten von 250 € entstanden. Mit Schreiben vom 25.06.2015 lehnte die Beklagte die Regulierung ab. Nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen müssen alle Belege neben Namen und Geburtsdatum der behandelten Person das Behandlungsdatum, den Grund der Behandlung und die einzelnen ärztlichen Leistungen und Kosten enthalten. Der Kläger behauptet, er und seine minderjährigen Kinder seien in Pakistan plötzlich und unerwartet erkrankt und hätten an erheblichen Magen-Darm-Beschwerden gelitten. Die Beklagte wiederum behauptet, die vom Kläger eingereichten Belege seien zum Teil gefälscht, jedenfalls von einer Institution ausgestellt, die überhaupt nicht mehr existent gewesen sei. Sie verlangt ihrerseits die von ihr für die Nachforschung bezahlten 250 € erstattet.
Beide Seiten erhoben gegeneinander Klage beim Amtsgericht München. Die zuständige Richterin wies beide Klagen ab. „Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte, da er nicht zur Überzeugung des Gerichts den Versicherungsfall nachzuweisen vermochte. Er hat zwar glaubhaft angegeben, dass zunächst seine Kinder und dann er selbst unerwartet erkrankten, so dass eine ärztliche Behandlung der Kinder sowie sein stationärer Aufenthalt erforderlich wurden. Andererseits war seine Aussage von Detailarmut geprägt, so dass das Gericht immer wieder Begleitumstände erfragen musste. Aus den vorgelegten Rechnungen ergibt sich unstreitig keine Diagnose. Weiterhin ist nicht erkennbar, welche konkreten Behandlungen durchgeführt wurden. Dass der Kläger tatsächlich 150.060 PKR für medizinische Behandlungen und Medikamente gezahlt hat, ist nicht nachgewiesen.“
Ebenso wies das Gericht den Antrag der Versicherung auf Erstattung der Nachforschungskosten von 250 € zurück, da nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestanden habe, dass die vorgelegten Belege gefälscht seien. Aus dem vorgelegten Bericht des eingesetzten Ermittlungsdienstes ergäben sich zwar die Behauptungen der Beklagten. Der Kläger habe jedoch die Richtigkeit des Berichtes bestritten. Ob dieser Bericht den Tatsachen entsprach, vermochte das Gericht nicht zu beurteilen. Geeignete Beweismittel wurden nicht angeboten.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 87/2017 des AG München vom 10.11.2017
Ablehnung eines Sachverständigen wegen Befangenheit
ArzthaftungsrechtOLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.10.2017, Az.: 8 W 19/17
Die Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ist begründet, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Es muss sich dabei um Tatsachen oder Umstände handeln, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung erwecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber. Solche Tatsachen können sich u. a. aus dem Verhalten des Sachverständigen ergeben. Die Wortwahl des Sachverständigen darf jedoch – gerade in Arzthaftungsfällen – deutlich sein, damit die Sachaussagen verstanden werden. Bei der Prüfung, ob die Wortwahl des Sachverständigen eine beleidigende Herabsetzung einer Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten darstellt, muss Berücksichtigung finden, ob und ggf. inwieweit eine scharfe verbale Reaktion des Sachverständigen durch massive persönliche Angriffe einer Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten gegen Leistung und Person des Sachverständigen provoziert worden ist.
Substantiierungspflicht des Patienten im Arzthaftungsrecht
ArzthaftungsrechtOLG Frankfurt am Main, Urteil vom 11.07.2017, Az.: 8 U 150/16
Im Arzthaftungsrecht ist zu beachten, dass zur Sicherung eines fairen Verfahrens und der Waffengleichheit im Prozess an die Substantiierungspflicht des Patienten nur maßvolle Anforderungen gestellt werden dürfen, weil von diesem regelmäßig keine genaue Kenntnis der medizinischen Vorgänge erwartet und gefordert werden kann. Der Patient darf sich daher auf einen Vortrag beschränken, der für ihn aufgrund der Folgen die Vermutung eines fehlerhaften Verhaltens des Arztes gestattet. Hat der Patient Ort und Zeit des behaupteten Behandlungsfehlers und dessen angebliche Folgen (hier: Schleimabsonderungen an den Stimmbändern und Schwierigkeiten bei der Stimmmodulation) konkret benannt, und ist er zu weiterem Vortrag, insbesondere zum Kausalzusammenhang zwischen der Beatmung und seinen Beschwerden ohne medizinische Fachkenntnisse nicht in der Lage, ist es Aufgabe des Gerichts, seine Behauptungen durch Einholung eines zusätzlichen anästhesiologischen Sachverständigengutachtens von Amts wegen zu überprüfen.
Private Krankenversicherungen dürfen die Kostenerstattung für künstliche Befruchtung nicht auf verheiratete Paare beschränken
KrankenversicherungsrechtOLG Karlsruhe, Urteil vom 13.10.2017, Az.: 12 U 107/17
Die Klägerin ist bei der Beklagten privat krankenversichert. Sie fordert die Erstattung von Maßnahmen zur In-vitro-Befruchtung. Die Klägerin kann zwar auf natürlichem Wege schwanger werden, sie leidet jedoch an einer chromosomalen Veränderung aufgrund derer die Wahrscheinlichkeit für eine intakte Schwangerschaft bzw. für ein gesundes Kind bei unter 50 Prozent liegt. Die Beklagte übernimmt laut ihren Versicherungsbedingungen Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung aufgrund von organisch bedingter Sterilität für insgesamt drei Behandlungsversuche bei hinreichender Erfolgsaussicht. Allerdings besteht der Anspruch laut den Versicherungsbedingungen nur, wenn die versicherte Person verheiratet ist und ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden. Die Klägerin ließ vor ihrer Heirat einen Versuch zur künstlichen Befruchtung mit In-vitro-Fertilisation einschließlich von Behandlungsmaßnahmen zum Ausschluss genetischer Schädigungen durchführen. Der voreheliche Behandlungsversuch verursachte Kosten in Höhe von 11.771 EUR und war erfolglos. Die Versicherung hält die Beschränkung auf Verheiratete unter Hinweis auf eine ähnliche Bestimmung für gesetzlich Versicherte für wirksam. Der Versicherer macht außerdem geltend, dass die Klägerin grundsätzlich auf natürlichem Wege schwanger werden kann und damit nicht organisch steril ist. Die Klägerin verlangt die Kosten der vorehelichen Behandlung und will festgestellt wissen, dass die private Krankenversicherung verpflichtet ist, weitere Behandlungsversuche zu erstatten.
Der unter anderem für Privatversicherungsrecht zuständige 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat entschieden, dass die Beschränkung der Kostenerstattung auf verheiratete Versicherte in allgemeinen Versicherungsbedingungen unwirksam ist. Anders als der Gesetzgeber, der bei der Gestaltung der Leistungspflichten der gesetzlichen Krankenversicherung andere – etwa gesellschaftspolitische – Erwägungen anstellen kann, verfolgt der private Krankenversicherer ausschließlich wirtschaftliche Interessen. Vor diesem Hintergrund ist die Unterscheidung zwischen verheirateten und unverheirateten Versicherten mit Kinderwunsch aber willkürlich und die Vertragsbestimmung damit unwirksam. Die Beschränkung des Anspruchs auf insgesamt drei Versuche ist hingegen wirksam. Die Klägerin hat auch Anspruch auf die Erstattung der in ihrem Fall gesetzlich zulässigen Behandlungsmaßnahmen zum Ausschluss genetischer Schädigungen der Eizellen bzw. des Embryos. Die bei der Klägerin vorhandene genetische Veränderung beeinträchtigt, auch wenn die Klägerin auf natürlichem Wege schwanger werden kann, aufgrund des hohen Risikos eines Scheiterns der Schwangerschaft bei genetischer Schädigung der Eizelle ihre Fortpflanzungsfähigkeit und stellt damit eine Krankheit der Klägerin dar.
Da sowohl die Frage, ob eine Begrenzung der Leistung für künstliche Befruchtung auf Verheiratete als auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen private Krankenversicherer Maßnahmen der Vorimplantationsdiagnostik erstatten müssen, bislang nicht höchstrichterlich geklärt sind, hat das Oberlandesgericht für die beklagte Versicherung die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 13.10.2017
Kostenübernahmepflicht einer privaten Krankenversicherung für künstliche Befruchtung
KrankenversicherungsrechtOLG München, Beschluss vom 20.09.2017, Az.: 25 U 2457/17
Sehen die Tarifbedingungen einer Krankheitskostenversicherung eine Erstattungsfähigkeit von Leistungen einer Kinderwunschbehandlung nur bei organisch bedingter Sterilität der versicherten Person vor, die allein mittels künstlicher Befruchtung/Insemination überwunden werden kann, so ist der Versicherer nicht leistungspflichtig, wenn der Versicherte Träger eines vererblichen Gendefekts ist und aus diesem Grunde eine Schwangerschaft auf natürlichem Wege ohne die Möglichkeit einer Präimplantationsdiagnostik nicht für zumutbar hält, da im Falle einer Vererbung des Gendefekts der Säugling keine Überlebenschance hat. Die Beschränkung des Versicherungsschutzes auf medizinisch notwendige künstliche Befruchtungen aufgrund organisch bedingter Sterilität der versicherten Person ist auch nicht gem. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB wegen Aushöhlung des Versicherungsschutzes unwirksam.
Keine arglistige Täuschung durch Versicherungsnehmer bei falschem Ausfüllen von Gesundheitsfragen durch Agenten
BerufsunfähigkeitOLG Saarbrücken, Urteil vom 15.03.2017, Az.: 5 U 35/15
Der Versicherer einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung kann den Vertrag wegen arglistiger Täuschung durch den Versicherer anfechten. Dieser handelt bei Beantwortung der Gesundheitsfragen aber nicht arglistig, wenn er den von ihm beauftragten Versicherungsagenten zutreffend informiert, dieser jedoch einen Teil der Gesundheitsfragen wahrheitswidrig verneint. Es ist nicht möglich, dass der Versicherer den Beweis der unzulänglichen Information allein durch die Vorlage des Antrags führt, wenn der Agent des Versicherers das Antragsformular selbst ausgefüllt hat.