Urteil des BGH vom 05.07.2017, Az.: IV ZR 121/15

§ 213 VVG steht der Zulässigkeit so genannter allgemeiner Schweigepflichtentbindungen nicht entgegen. Der Versicherer darf im Rahmen seiner Leistungsprüfung dem Versicherten die Erteilung einer solchen Erklärung aber regelmäßig nicht abverlangen.

Sachverhalt:
Die Klägerin als Versicherte forderte vom beklagten Versicherer Leistungen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Im Rahmen der BU-Leistungsprüfung hatte die Beklagte der Versicherten eine vorformulierte Schweigepflichtentbindungser¬klärung vorgelegt, die sie unterzeichnete. Nachdem die Beklagte mit ihren Ärzten in Kontakt getreten war, bemerkte sie, dass die Klägerin über nicht angegebene Vorerkrankungen verfügte und focht den Versicherungsvertrag wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht an. Die Klägerin vertritt die Auffassung, mit der von der Beklagten geforderten, weit gefassten Schweigepflichtentbindungserklärung sei ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt worden.

Der BGH betrachtete die weite Fassung der von der Beklagten vorformulierten und von der Klägerin unterzeichneten Schweigepflichtentbindung für sich genommen als rechtlich bedenkenlos. Denn das Gesetz setze die Zulässigkeit so genannter allgemeiner Schweigepflichtentbindungen voraus, wie sich aus § 213 VVG ergebe. Als Träger des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung stehe es dem Versicherten frei, Daten anderen gegenüber zu offenbaren.

Der Versicherer darf aber nach Ansicht des BGH im Rahmen seiner Leistungsprüfung dem Versicherten die Erklärung einer allgemeinen Schweigepflichtentbindung regelmäßig nicht abverlangen. Nach § 213 Abs. 1 Halbsatz 2 VVG ist die Erhebung von Gesundheitsdaten durch den Versicherer nur zulässig, soweit die betroffene Person eine Einwilligung erteilt hat. Hierfür sei ein bloßes Einverständnis des Versicherten nicht ohne weiteres genügend. Wenn danach eine allgemeine Schweigepflichtentbindung dadurch zustande kommt, dass der Versicherer diese im Rahmen der Leistungsprüfung verlangt, anstatt sie lediglich als Alternative zur andernfalls schrittweise zu erfüllenden Mitwirkungsobliegenheit anzubieten, kann sie aus Sicht des BGH eine Datenerhebung nach § 213 Abs. 1 VVG nicht rechtfertigen.

Nach der vom BGH vertretenen Auffassung darf sich der Versicherer nicht auf im Rahmen seiner Leistungsprüfung rechtswidrig erhobener Daten berufen und kann den BUZ-Vertrag somit auch nicht wirksam wegen arglistiger Täuschung anfechten.