OLG Hamm, Urteil vom 20.12.2023, Az.: 26 U 46/21

Die damals 44-jährige Patientin aus Mülheim an der Ruhr litt seit ihrer Kindheit an einer Hüftdysplasie und daraus folgend an einer fortgeschrittenen Hüftgelenksarthrose. Sie ließ sich 2017 operieren und verklagte wegen anhaltender Beschwerden anschließend den Operateur und das Krankenhaus. Auch in diesem Fall konnte die Patientin einen Behand­lungsfehler nicht beweisen. Da sich aber die Aufklärung als nicht ausreichend herausstellte, sprach ihr das Oberlandesgericht ein Schmerzensgeld von 20.000 Euro zu und stellte fest, dass Arzt und Krankenhaus für alle materiellen Schäden haften.

Den Grund für den Aufklärungsfehler sah das Gericht hier auch in der Person des Aufklären­den begründet. Wie im Krankenhausalltag durchaus üblich, wurde die Aufklärung nicht vom Operateur selbst, sondern von einem anderen dort tätigen Arzt vorgenommen. Dies ist grundsätzlich rechtlich in Ordnung. Aufgrund der Vorerkrankung der Patientin und des mit dem Eingriff verbundenen hohen Risikos musste die Aufklärung hier aber von einem Arzt oder einer Ärztin vorgenommen werden, die aufgrund ihrer Erfahrungen – beispielsweise aufgrund selbst durchgeführter Operationen – die Risiken aus eigener Anschauung gut ge­nug kennt und entsprechend vermitteln kann. Der für das Aufklärungsgespräch eingesetz­te Assistenzarzt war indes noch nicht einmal drei Wochen in dem Krankenhaus beschäftigt und hatte keinerlei Erfahrungen mit Operationen auf diesem Fachgebiet.

Pressemitteilung des OLG Hamm vom 20.06.2024

OLG Dresden, Urteil vom 30.04.2024, Az.: 4 U 452/22

Führt die unrichtige diagnostische Einstufung einer Erkrankung dazu, dass der Arzt die nach dem medizinischen Standard gebotenen Untersuchungen erst gar nicht veranlasst hat, ist er aufgrund unzureichender Untersuchungen vorschnell zu einer Diagnose gelangt, die er, wie vorliegend, nicht durch die medizinisch gebotenen Befunderhebungen abgeklärt hat, sodass, in Abgrenzung zu einem Diagnosefehler, ein Befunderhebungsfehler anzunehmen ist. Auf­grund der Tatsache, dass die hier anhand des Laborberichts festgestellte Anämie bei dem Patienten nicht bekannt war und dieser Beschwerden unklarer Genese hatte, hätte die Ursa­che durch den Hausarzt zwingend abgeklärt werden müssen. Dieses Unterlassen ist als grob behandlungsfehlerhaft zu werten. Zwar trägt der Patient grundsätzlich ein Mitverschulden, wenn der die Vorstellung beim Facharzt trotz ärztlichen Rats seines Hausrats, wie hier gesche­hen, unterlässt. Aus medizinischer Sicht trug der Hausarzt jedoch im Rahmen der Ermitt­l­ung der Verschuldensanteile bis zur tatsächlichen Übernahme der Behandlung durch einen nachbehandelnden Neurologen als Hausarzt die Verantwortung und hätte in diesem Zusammenhang unverzüglich weitere erforderliche Maßnahmen bei dem Patienten veran­lassen müssen, sodass dessen Verschuldensbeitrag höher einzustufen ist.

LG München II, Urteil vom 13.03.2024, Az.: 1 O 5113/21

Einer Patientin wurde im Schockraum Propofol verabreicht, um aspirierte Reiskörner abzusaugen. Für die Verabreichung von Propofol lag keinerlei Indikation vor. Die Patientin musste sich übergeben und nahm den behandelnden Arzt wegen eines Behandlungsfehlers auf Schmerzensgeld in Anspruch. Das Gericht hat einen Anspruch auf Schmerzensgeld verneint. Ein Behandlungsfehler i.S.d. § 823 Abs. 1, 2 BGB, 229 StGB könne hier nicht festgestellt werden, auch wenn es aus ärztlicher Sicht fehlerhaft war, der Patientin Propofol zu verabreichen. Der Patientin sei hierdurch jedoch keinerlei Schaden entstanden, da hier kein Zusammenhang zwischen dem Erbrechen und der Behandlung seitens des Arztes bestünde. Propofol fördert nicht das Erbrechen von Mageninhalt, sondern wirkt vielmehr im Gegenteil antiemetisch.