Beweislastumkehr wegen eines groben Behandlungsfehlers grundsätzlich auch in den Fällen einer fehlerhaften therapeutischen Aufklärung
OLG München, Urteil vom 25.03.2021, Az.: 1 U 1831/18
§§ 630a ff. BGB gelten auch für Heilpraktiker. Widerspricht im Falle einer todbringenden Krankheit (hier: einem Karzinom) ein Heilpraktiker seinem Patienten bei dessen Entscheidung zum Abbruch der schulmedizinisch indizierten Therapie (hier: Strahlentherapie) zugunsten einer nicht evidenzbasierten Maßnahme der Alternativmedizin (hier: Horvi-Schlangengift-Therapie) nicht mit Nachdruck, so kann hierin auch dann ein Behandlungsfehler des Heilpraktikers in Gestalt einer Fehlers der therapeutischen Aufklärung liegen, wenn die behandelnden Ärzte den Patienten über die Wahrscheinlichkeit des Todes im Falle des Abbruchs der schulmedizinischen Behandlung aufgeklärt haben.
Das OLG München weist darauf hin, dass die Beweislastumkehr wegen eines groben Behandlungsfehlers grundsätzlich auch in den Fällen einer fehlerhaften therapeutischen Aufklärung greift (BGH, Urteil vom 16.11.2004 – VI ZR 328/03). Das OLG erläutert, dass die Beweislastumkehr trotz der Grobheit des Fehlverhaltens des Behandlers jedoch nicht greift, wenn der Patient durch eigenes sorgloses Verhalten im gleichen Maße wie der Behandler eine erfolgreiche Behandlung erschwert hat (BGH, a.a.O.). Es kommt in einem solchen Fall nach der Ansicht des OLG auch in Betracht, § 254 BGB anzuwenden.