Abgrenzung des Befunderhebungsfehlers zu Fehler in Diagnose
OLG Naumburg, Urteil vom 14.03.2016, Az.: 1 U 115/14
Das Nichterkennen der Unterversorgung eines ungeborenen Kindes mit Sauerstoff und der sie kennzeichnenden Symptome ist ein objektiver Behandlungsfehler. Wegen der Unterschiedlichkeit im menschlichen Organismus ist bei der Annahme eines zur Haftung des betreffenden Arztes bzw. Krankenhauses führenden Diagnosefehlers dennoch Zurückhaltung geboten. Dem Arzt steht bei der Diagnose grundsätzlich ein gewisser Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum zu. Eine objektiv falsche Diagnose stellt daher nur dann einen vorwerfbaren Behandlungsfehler dar, wenn sie für einen gewissenhaften Arzt in der konkreten Situation unvertretbar oder nicht mehr vertretbar war. Ergibt die Beweisaufnahme durch sachverständige Begutachtung, dass den Ärzten bereits deshalb kein Vorwurf zu machen ist, weil sich aufgrund der CTG-Aufnahme kein Hinweis auf eine fetale Gefährdung ergeben hat, weshalb weitere Maßnahmen (wie Befunderhebungen) nicht zu ergreifen waren, so ist davon auszugehen, dass die Ärzte jedenfalls eine zumindest vertretbare Diagnose getroffen haben.