Selbstbestimmungsaufklärung des Patienten durch den Arzt
BGH, Urteil vom 20.12.2022, Az.: VI ZR 375/21
§ 630e BGB enthält Grundsätze zur Selbstbestimmungsaufklärung des Patienten. Gemäß § 630e Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB ist der Patient vor dem beabsichtigten Eingriff derart rechtzeitig aufzuklären, dass er durch hinreichende Abwägung der für und gegen den Eingriff sprechenden Gründe seine Entscheidungsfreiheit und demzufolge sein Selbstbestimmungsrecht angemessen ausüben kann. Die Bestimmung beinhaltet keine vor der Einwilligung einzuhaltende „Sperrfrist“, deren Nichteinhaltung eine Unwirksamkeit der Einwilligung nach sich führen würde. Darüber hinaus enthält sie auch kein Erfordernis, nach welchem zwischen Aufklärung und Einwilligung ein bestimmter Zeitraum liegen müsste. Der Patient ist nach ordnungsgemäßer rechtzeitiger Aufklärung berechtigt, seine Entscheidung über die Erteilung oder Versagung seiner Einwilligung selbst bestimmt zu treffen, ggf. auch sofort. Eine andere Beurteilung ist, sofern medizinisch vertretbar, jedoch dann geboten, wenn für den Arzt erkennbare konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Patient noch Zeit für seine Entscheidung bedarf. Die Einwilligung in den ärztlichen Eingriff stellt kein Rechtsgeschäft dar, sondern vielmehr eine Gestattung oder Ermächtigung zur Vornahme tatsächlicher Handlungen, die in den Rechtskreis des Gestattenden eingreifen. Diese kann sich konkludent aus den Umständen und dem gesamten Verhalten des Patienten ergeben.