Anspruch auf Schadensersatz wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung bei Vorliegen eines Diagnoseirrtums
OLG Dresden, Urteil vom 10.10.2023, Az.: 4 U 634/23
Einem Patienten steht kein Anspruch gegen den behandelnden Arzt auf Schmerzensgeld und Schadensersatz gemäß §§ 630 a ff., 823 BGB zu, wenn zwar ein einfacher Diagnoseirrtum vorliegt, es dem Patienten jedoch nicht gelingt, den Beweis für die Kausalität der zeitlichen Verzögerung der Behandlung für den eingetretenen Schaden zu erbringen. Vorliegend hat der Radiologe, dem der betroffene Patient mit der Befundbeschreibung „Kopfschmerzen“ zum MRT überwiesen wurde, den sichtbaren und auffälligen Nebenbefund außerhalb des Gehirnschädels nicht hinreichend wahrgenommen. Soweit für den Arzt aus medizinischer Sicht selbst keine Verpflichtung zur Abklärung dieses Zufallsbefunds besteht, hat er diesen im Arztbrief an den überweisenden Behandler aufzunehmen. Sofern diese Mitteilung aus dem Grund unterbleibt, da der Radiologe den erkennbaren Nebenbefund übersieht, ist, wie hier, von einem Diagnosefehler und nicht von einem Behandlungsfehler auszugehen, der vorliegend als einfacher Behandlungsfehler einzustufen ist. Ein Fehler bei der Interpretation des erhobenen Befundes stellt jedoch lediglich dann einen schweren Verstoß gegen die Regeln der ärztlichen Kunst und damit einen groben Diagnosefehler dar, sofern es sich hierbei um einen fundamentalen Irrtum handelt. Dem Patienten ist der Beweis für den Ursachenzusammenhang zwischen dem einfachen Diagnoseirrtum des Radiologen und dem bei ihm eingetretenen Schaden schon nicht gelungen, so dass ein Schmerzensgeldanspruch abzulehnen war.